Die 4 Stufen der Kompetenz

Bei den vier Stufen der Kompetenz handelt es sich um ein Lernphasenmodell aus der Entwicklungspsychologie, das anschaulich den Weg von der Inkompetenz zur Kompetenz darstellt.

4 Minuten Lesezeit
Die 4 Stufen der Kompetenz

Ein außerhalb jeder Zivilisation lebendes Stammesvolk lebt in den Wäldern nahe eines Strandes, des indischen Ozeans. Eines Tages entdecken einige Mitglieder des Stammesvolks beim Fischen einen seltsamen Gegenstand, der von den Wellen angespült wurde.

Sie ziehen den seltsamen Gegenstand heraus und bringen ihn zu ihrem Häuptling. Der Häuptling hatte einen solchen Gegenstand noch nie gesehen. Er berührt ihn. Er riecht sogar an ihm. Aber er sieht sich mit etwas für ihn vollkommen Neuem konfrontiert.

Der Ehrgeiz im Häuptling ist geweckt. Er will unbedingt herausfinden, was es mit diesem unbekannten Gegenstand auf sich hat. Er beschäftigt sich intensiv mit dieser Sache. Er sieht diese zwei runden, schwarzen Teile, die einen gelben Rahmen tragen. Auf dem Rahmen ist auch etwas Gepolstertes mit einer seltsamen Form montiert. Der Rahmen ist so konstruiert, dass das fordere runde Teil nach links und rechts beweglich ist.

Er stellt den Gegenstand aufrecht auf die beiden runden Teile und bemerkt, dass die beiden runden Teile sich drehen und sich der Gegenstand so fortbewegt, wenn man es anschubst. Nicht weit. Kurz darauf fällt es zur Seite auf den Boden. Der Häuptling geht Abends nachdenklich zu Bett. Er ist enttäuscht, dass er noch nicht herausgefunden hat, was dieser unbekannte Gegenstand ist und was man mit ihm macht.

Am nächsten Tag als der Häuptling sich erneut mit dem unbekannten Gegenstand beschäftigt, setzt er sich auf den gepolsterten Gegenstand mit der seltsamen Form, der sich auf dem Rahmen befindet. Er gibt mit den Füßen Anschwung und rollt einige Meter. Und er freut sich. Nach einigen weiteren Versuchen bemerkt der Häuptling, dass diese zwei Teile, die von dem Gegenstand ausgehend zur Seite ragen, genau passend sind, um die Füße darauf zu stellen. Er hält sich am vorderen Teil des Rahmens fest, gibt kräftig Anschwung und stellt dann die Füße auf diese zwei Teile, die zur Seite ragen. Er bemerkt, dass er die Richtung mit Hilfe seiner Arme bestimmen kann. Kurz darauf fällt er mit dem Gegenstand um. Er versucht es erneut. Und fällt wieder um. Beim nächsten Versuch bewegt er seine Beine und bemerkt, dass diese beiden Teile unter seinen Füßen ebenfalls beweglich sind. Außerdem scheint sich der unbekannte Gegenstand, auf dem er sitzt, dadurch schneller zu bewegen. Kaum wird der Gegenstand langsamer, fällt der Häuptling wieder zu Boden.

Beinahe ununterbrochen übt der Häuptling von nun an, diesen ihm bisher unbekannten Gegenstand als Fortbewegungsmittel zu nutzen. Jeden Weg bestreitet der Häuptling mit seinem neuen Gefährt. Er muss sich zwar bei jeder Fahrt noch stark konzentrieren und manchmal fällt er hin, insgesamt klappt es aber schon sehr gut.

Nach einiger Zeit des Übens muss der Häuptling nicht mehr überlegen, wie das Fahren mit diesem Gegenstand funktioniert. Automatisch macht der Häuptling die richtigen Bewegungen zur richtigen Zeit.


Die Geschichte vom Häuptling und dem Fahrrad zeigt sehr anschaulich die vier Stufen der Kompetenz.

Unbewusste Inkompetenz

Dies ist die erste Kompetenzstufe. In dieser Phase weiß eine Person nicht, dass sie etwas nicht weiß oder nicht kann. Durch neuen Input gelangt die Person in die zweite Stufe.

Bis der Häuptling das Fahrrad das erste Mal sah, wusste er nicht, dass er kein Fahrrad fahren kann,  geschweige denn, dass es derartige Fortbewegungsmittel gibt. Dadurch, dass ihm seine Unwissenheit bewusst wurde, gelang er in die zweite Stufe der Kompetenz.

Bewusste Inkompetenz

Dies ist die zweite Kompetenzstufe. In dieser Phase weiß eine Person, dass sie etwas nicht weiß oder nicht kann. Durch neuen Input und Wiederholung gelangt man in die dritte Kompetenzstufe.

Der Häuptling wusste nicht, wie Fahrradfahren geht. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Fahrrad, fand er heraus, wie er es bedienen muss. Er wusste nun, wie das Fahrrad zu verwenden war und kam so in die dritte Stufe der Kompetenz.

Bewusste Kompetenz

Dies ist die dritte Kompetenzstufe. In dieser Phase weiß eine Person, dass sie etwas weiß oder kann. In dieser Phase werden Übungen durchgeführt. Ziel ist es, in die letzte Kompetenzstufe zu gelangen.

Der Häuptling fuhr von nun an überall mit seinem Fahrrad hin. Er übte immer mehr und mehr, bis es funktionierte, ohne dass er darüber nachdenken musste, wie es geht. So kam er in die vierte Stufe der Kompetenz.

Unbewusste Kompetenz

Dies ist die vierte und letzte Kompetenzstufe. In dieser Phase wird situativ Wissen automatisch richtig angewendet bzw. eine Tätigkeit automatisch richtig ausgeführt.

Die unbewusste Kompetenz im Seminarkontext

Da Übungen in der dritten Kompetenzstufe durchgeführt werden, müssen im Seminarkontext erfahrene Teilnehmer häufig von der letzten in die dritte Kompetenzstufe "zurückgeholt" werden. Dies kann zu Widerstand führen, da sie das Wissen bereits automatisiert haben und daher ggf. den Nutzen nicht erkennen, warum Sie Dinge auf einmal anders machen sollen. Die Teilnehmer sollten in dieser Situation individuell abgeholt und gewürdigt werden. Außerdem sollte den Teilnehmern ihr individueller Nutzen erläutert werden.

Du kannst das schon auf Art und Weise A und hast das Ganze vollständig automatisiert, das zeigen ja auch deine Erfolge A und B. Wenn ich dir nun aber eine weitere Variante zeige, mit der du Nutzen A und Nutzen B zusätzlich haben könntest, wäre das in Ordnung für dich!?

Unterstützen Sie uns!

Ihre Spende hilft uns, diesen Blog zu betreiben und weiterzuentwickeln!